Sonntag, 24. Juni 2012

Island 2010 - 4. Tag - Landmannalaugar Aufbruch im Dunkel - Quälen bis der Bus kommt

Nachdem ich mein Zelt um fünf Uhr Morgens in einem Tobsuchtsanfall zusammengepackt habe und mein Geld für die zweite Nacht von der Hüttenwartin zurück bekommen habe, mache ich mich auf zu einer hoffentlich wärmenden Wanderung in der Kenntnis, dass der nächste Bus irgendwohin erst um vier Uhr Nachmittags kommt. Ich nehme den Weg, der direkt hinter der Hütte hochgeht und bin mal wieder überwältigt…



Zunächst geht es durch Lavafelder und immer vor mir ein junger Wanderer mit Schirm, der verwirrt etwas zu suchen scheint… und natürlich schüttet es aus Eimern… aber immerhin wird mir dank der Steigung langsam wärmer…

                                        

Es geht durch dichten Nebel, verursacht von stinkenden Schwefelquellen, die eine leichte Benommenheit auslösen, wenn man ihnen zu nahe kommt.

                                         

Der Weg ist sehr gut ausgeschildert… und endlich sehe ich die bunten Ryolithberge und flauschiges Wollgras!

                                          


Es geht weiter durch imposante Schluchten… und ich bin fasziniert, von einem Wanderweg auf den rechten Berg… das nächste Mal vielleicht, er ist als schwarzer Wanderweg gekennzeichnet…

                                              

Unten angekommen schüttet es mal wieder. Auch viele andere haben die Idee, Landmannalaugar fluchtartig zu verlassen.

                                              


Jetzt ist es elf Uhr. Doch die Busse steuern Landmannalaugar – wenn überhaupt – nur einmal am Tag an, und dann erst gegen vier Uhr Nachmittags. Und so heißt es wieder: im Toilettenhäuschen Unterschlupf suchen. Hier hängen hunderte nasse Wandermonturen von der Decke und die Duschen sind chronisch überfüllt, weil alle hoffen, sich mit einer Dusche aufwärmen zu können. Überall liegen gepackte Zelte und Backpacks, so dass kaum noch ein Durchkommen möglich ist. Inmitten dieser Backpacks plaziere ich mich und warte… genauso wie viele andere… man kommt wieder ins Gespräch, über das Wetter, die Hoffnung, dass hier gleich ein Bus ankommt und wie lange es noch dauert… ein ganz interessantes Gespräch kommt dann doch zu Stande mit einer jungen Frau, die gerade ein Jahr in Vik in einem Restaurant gearbeitet hat und nun, da ihr Bruder zu Besuch ist, durch Island reist… zusammen verbringen wir die quälenden Stunden bis der Bus kommt. Und es ist zu verlockend… ich gehe immer wieder zur Quelle, doch traue mich nicht noch einmal hinein zu hüpfen… man lernt ja schließlich dazu und gerade ist mir mal nicht unerträglich kalt… Doch die Langeweile treibt mich dann doch noch einmal in die Quelle.
Mittlerweile klebt mein Magen schon an der Wirbelsäule fest und von daher versuche ich verzweifelt meine Nudel-Tütensuppe zu essen. Ohne fließend Warmwasser gestaltet sich das allerdings ein wenig schwierig. Aus Verzweifelung entnehme ich eine Kelle Wasser aus der heißen Quelle, doch die Temperatur reicht nicht und so löst sich das Fett in dem Suppenpulver nicht wirklich auf. Sehr lecker!
Zwischendurch rufe ich in Reykjavik an, um mir ein Zimmer zu reservieren, indem ich all meine Sachen trocknen und eine Nacht Schlaf nachholen kann. Eigentlich war geplant heute nach Kirkjubaerjaklaustur zur Schlucht Fjadrargljufur weiter zu fahren und die Laki-Krater und die Eldgija zu besichtigen, doch ich bin hundemüde und an diesen Orten gibt es nur Campingplätze – bei dem Gedanken eine weitere Nacht mit meiner Ausrüstung in meinen durchnässten Sachen zu verbringen, wird mir schlecht. Ich wähle das Hostel der Heilsarmee, da ich hoffe, dass hier gestrandeten Leuten geholfen wird.
Ab vier Uhr Nachmittags werden die Scharen an Menschen, die aus Landmannalaugar flüchten möchten, langsam nervös. Bloß nicht den einzigen Bus aus dem Regenloch verpassen! Doch der Bus taucht nicht auf. Und das heißt: eine weitere Nacht auf dem Campingplatz, auf dem es immer noch stürmt und der von riesigen Pfützen übersät ist.  Gegen fünf Uhr ist es dann so weit: ein Bus taucht auf. Direkt danach teilt uns der Fahrer mit, dass der Bus gerade bei der Einfahrt kaputt gegangen ist. Meine Stimmung hat den tiefsten Punkt erreicht. Andere Busfahrer sind sofort zur Stelle und so liegen drei Männer unter dem Bus im Schlamm und versuchen zu retten, was noch geht. Zu meiner Erleichterung scheinen sie technisch sehr versiert zu sein und nach einer halben Stunde röhrt der Hochlandbus los. Jetzt nur noch schnell reinsetzen und abfahren.
An die folgende Busfahrt habe ich keine Erinnerung mehr – wahrscheinlich habe ich geschlafen wie ein Baby.
In Reykjavik angekommen, finde ich nach längerer Suche mein Heilsarmee-Hostel, in dem ich äußerst unfreundlich empfangen werde und das zudem nicht gerade billig ist. Dafür gönne ich mir aber ein Einzelzimmer. Ich muss schließlich meinen gesamten Backpackinhalt auf der Heizung ausbreiten. Aber ein großes Herz für Notleidende hat man hier nicht gerade… Zudem verbringe ich eine äußerst unerholsame Nacht im „Wanzenbett“ – ich weiß nicht, was los ist, aber Irgendetwas juckt und beißt die ganze Zeit.
Beim Bummel durch die Stadt geht mein Herz auf. Überall Musik und Kunst. Und Essen.

                                              

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