Ich bin ein wenig unsicher, ob der Busfahrer verstanden hat, dass er kurz hinter Reykjavik wieder halten soll, aber es läuft wie am Schnürchen und ich werde in Hveragerdi abgesetzt.
Viel Auswahl an Unterkünften gibt es in diesem verschlafenen Nest nicht, doch mein Reiseführer beschreibt ein schönes Hotel mit Hotpot und guter Aussicht. Das knöpfe ich mir direkt einmal vor...
Der Weg durch Hveragerdi zur Unterkunft am anderen Ende der Stadt ist weit und beschwerlich, zumal mein Gepäck ziemlich schwer und sperrig ist. Dort angekommen schauen mich die Frauen in der Rezeption ein wenig irritiert und angewidert an, als ich mit meinem ranzigen Backpack, total verdreckten Klamotten und am Backpack festgebundenem Kochgeschirr und Schuhen um ein Zimmer bitte. Bald wird mir auch klar, warum: die Herberge ist sündhaft teuer und es ist auch nur noch ein Doppelzimmer zu haben. Aber nach den Strapazen der letzten Tage gönne ich mir mal was. Übernachtung mit Frühstück.
Bis ich meine Herberge beziehen kann, muss ich mich noch länger in Hveragerdi herumdrehen. Mir fällt auf, dass dieses Dorf sehr kreativ ist und so komme ich an einigen Kuriositäten vorbei.
Zudem dampft und brodelt es in der Stadt überall und überall verlaufen Leitungen. Auch rund um meine Unterkunft herum steigen Dampfwolken auf und ein Bach schlängelt sich in Richtung der Berge. Leider zieht der viele Dampf und das Wasser auch unendliche Schwärme an Mücken an und so hängen in meinem Zimmer bestimmt an die 30 dicken Spinnen.
Ich bleibe zwei Tage in Hveragerdi. Das Wetter ist traumhaft, doch ich bin mir sicher, dass es im Hochland um Landmannalaugar weiterhin schüttet.
Dann breche ich zur Wanderung zu den heißen Quellen auf. Der Einstieg ist leider sehr schwer zu finden und ich begegne noch zwei weiteren deutschen Wanderinnen, die planlos am Ende des Dorfes durch die Pampa laufen. Wir schließen uns zusammen und versuchen den Einstieg zu finden. Nach einem langen Weg landen wir auf einem Hof in einer Sackgasse und sind total genervt. Auch als wir zu einer Gabelung zurückgehen und den alternativen Weg gehen, kommen wir nicht ans Ziel. Selbst drei verschiedene Wanderführer können uns nicht weiter helfen. Dann treffen wir auf eine deutsche Familie, die ebenfalls den Einstieg nicht findet. An einem Golfplatz fragen wir schließlich die Einheimischen, die sich als äußerst hilfsbereit erweisen. Es ist noch weit und so fährt uns ein Isländer in zwei Etappen zum Einstieg. Die beiden Frauen fährt er zuerst dorthin und die Familie und mich zu einem von der Familie geparkten Auto, mit dem wir dann weiter fahren. Geschafft. Und nun beginnt eine wunderschöne Panoramawanderung bei traumhaftem Wetter.
Und es dampft und brodelt mal wieder an jeder Ecke.
Es dauert ein wenig, bis wir die Quellen erreichen. Doch an den Quellen bietet sich ein interessantes Bild. Menschen, die lesend ein Bad nehmen, Hunde, die über die Quelle zu springen versuchen, eine ganze Gruppe nackbadender Wanderer, und überhaupt Scharen an Freiluftfanatikern... wo kommen die bloß alle her? Und wie haben die den Weg gefunden?
Das Bad in der Quelle ist eher eine Qual... das Wasser fühlt sich brühend heiß an und der Kreislauf gibt fast den Geist auf. Angenehm kann man die Temperaturen nicht mehr nennen... Dementsprechend ruft ein kleines Kind: "Mama! Ich verbrenne!"
Die Gegend um die heißen Quellen ist beeindruckend.
Am Abend erkunde ich meine Unterkunft. Sie gleicht einem Kuriositätenkabinett.
Und Saddam wacht über meinen Schlaf.
Am Abend nehme ich noch ein Bad in den lauschigen Hotpots, die auch von Mücken- und Spinnen heimgesucht werden. Eine willkommene Erholung.
Am nächsten Tag versuche ich, über das Tourismusbüro ein Zimmer im Youth Hostel in Reykjavik vorzubuchen, aber ohne Kreditkarte läuft hier nichts und ich habe keine. Doch man erklärt sich dann doch bereit, mir ein Zimmer bis ca. vier Uhr frei zu halten.
Und dann heißt es wieder Ewigkeiten auf den Bus warten. Dabei weiß ich noch nicht einmal, ob er hier anhalten wird. Also nehme ich auf einer Wiese an der Straße nach Reykjavik Platz und warte mehrere Stunden, um dem nahenden Bus dann auch winken zu können. Bei jedem vorbeifahrenden größeren Fahrzeug springe ich auf und winke...
Die Mückenplage wird langsam unerträglich und so kaufe ich mir einen Kopf-Moskito-Schutz in der Tankstelle nebenan. Zwischendurch kommen Bauarbeiter und verrichten seltsame Arbeiten. Ein spanisches Ehepaar scheint jedoch mit mir auf einen Bus zu warten. Ich komme mir wieder vor, wie bestellt und nicht abgeholt. Dann geht's wieder zurück in die Zivilisation...
Gestrandet auf einem Grünstreifen an der Straße nach Reykjavik.
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